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Wachstumsstörungen bei Kindern im Rahmen von «seltenen Krankheiten»

Foto: Yuganov Konstantin via Shutterstock

Bei Menschen mit seltenen Krankheiten und dabei speziell bei Kindern dauert es oft lange, bis eine Diagnose gestellt werden kann. Zahlreiche, oft syndromale Erkrankungen sind von einer Wachstumsstörung im Sinne meist des Kleinwuchses (selten auch des Grosswuchses) begleitet, was oft schon in der Familie oder der Schule auffällt. Hier können Eltern frühzeitig mithelfen, bei auffälligem Wachstum des Kindes die weitere Abklärung zu beschleunigen. So kann eine behandlungsbedürftige Situation rechtzeitig erkannt und, wenn nötig, eine spezifische Therapie begonnen werden. 

Dr. med. Beatrice Kuhlmann

FMH Kinder- und Jugendmedizin spez Päd. Endokrinologie/Diabetes
ENDONET Basel
Foto: Privat

Eltern sind die besten Beobachter:innen ihrer Kinder und werden oft schon frühzeitig aufmerksam, wenn die Entwicklung, z. B. das Wachstum, anders verläuft als bei anderen Kindern. Tauchen diesbezüglich Fragen auf, ist die Kinderärztin oder der Kinderarzt die erste Anlaufstelle zur Beurteilung und Besprechung. Kinder werden hier im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen regelmässig gemessen und gewogen und die Daten in sogenannten Wachstumskurven übertragen. Damit sieht man im Laufe der Zeit gut, ob sich Veränderungen ausserhalb des üblichen Wachstumsmusters der Familie ergeben.

Das Wachstum in den ersten beiden Jahren im Leben hängt vor allem von den Massen bei der Geburt und der Ernährung/Verdauung ab. Erst später zeigen sich hormonelle Probleme mit Einfluss auf das Wachstum, wie z. B. ein Wachstumshormonmangel oder eine Schilddrüsenunterfunktion. Bestehen zusätzlich zum Kleinwuchs noch andere Auffälligkeiten, dann haben Kinderärztinnen und -ärzte beziehungsweise Spezialärztinnen und -ärzte für Hormonerkrankungen oft noch andere Ursachen im Hinterkopf.

Es gibt zahlreiche Syndrome (z. B. Turner Syndrom, Noonan Syndrom etc.), wo neben dem Kleinwuchs auch noch gewisse körperliche oder Entwicklungsauffälligkeiten bestehen, die zur Diagnose führen können. Bei einigen dieser Syndrome kann mit spezifischer Therapie gerade das Längenwachstum und die normale körperliche Entwicklung unterstützt werden, wenngleich diese meist angeborenen genetischen Leiden nicht «geheilt» werden können.


Für das Erreichen einer möglichst normalen Endgrösse im Bereich der sogenannten «Familiären Zielgrösse» ist es sehr wichtig, dass eine allfällige Therapie frühzeitig begonnen wird. Diese Behandlungen sind dann oft über Jahre, also bis zum Ende der Wachstumsphase, nötig. Kinder, die jahrelang eine solche Behandlung regelmässig durchführen müssen, gewöhnen sich meist gut daran. Es gehört zu ihrem «normalen» Leben einfach dazu. Im Rahmen der regelmässigen Therapiekontrollen bei der Ärztin oder dem Arzt gehört es natürlich auch dazu, allmählich und der Altersstufe entsprechend immer wieder zu erklären, wieso eine solche Behandlung sinnvoll und wichtig ist und wie der weitere Verlauf bis zur Adoleszenz ablaufen wird. Ziel dabei ist es immer, die betroffenen Kinder möglichst normal, also «gleich wie die anderen», aufwachsen zu lassen und sie an den Aktivitäten in der Schule und Freizeit teilnehmen zu lassen.

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Mit ganzem Herzen für seltene Krankheiten

Manuela Stier

Manuela Stier

Gründerin und Geschäftsführerin des Fördervereins
für Kinder mit seltenen Krankheiten

Manuela Stier ist Gründerin und Geschäftsführerin des Fördervereins für Kinder mit seltenen Krankheiten. Für ihre Arbeit wurde die Kommunikationsexpertin mit dem Viktor Award als herausragendste Persönlichkeit im Schweizer Gesundheitswesen ausgezeichnet. 

Warum engagieren Sie sich für Kinder und Jugendliche mit seltenen Krankheiten und was war die Initialzündung für die Gründung des Fördervereins?

Der Wunsch, etwas Sinnstiften des mit grosser Nachhaltigkeit zu schaffen, ist bei mir vor zehn Jahren aufgekommen. Damals habe ich eine Familie, deren Sohn eine seltene und tödliche Krankheit hat, kennengelernt. Durch die Eltern habe ich erfahren, mit welchen immensen Herausforderungen betroffene Familien Tag für Tag konfrontiert sind und wie wenig ihre Bedürfnisse in der Schweiz wahrgenommen werden. Um diese Familien auf ihrem Weg nachhaltig zu begleiten, habe ich mich 2014 dazu entschieden, den gemeinnützigen Förderverein für Kinder mit seltenen Krankheiten (KMSK) zu gründen. Seither setze ich mich mit grosser Leidenschaft für mein Herzensprojekt ein. 

Für welche Anliegen setzt sich der Förderverein ein?
Vor welchen Herausforderungen stehen die Eltern von Kindern mit seltenen Krankheiten?

Fünf bis acht Prozent der Schweizer Bevölkerung sind von einer seltenen Krankheit betroffen, 50 Prozent davon Kinder und Jugendliche. Dies bringt grosse Herausforderungen für die ganze Familie mit sich: Zu Beginn verändert die Diagnose «seltene Krankheit» deren Eltern, die am Rande ihrer Kräfte sind, Geschwister kommen zu kurz, finanzielle Sorgen tauchen auf, Kämpfe mit den Versicherungen sind auszutragen und oft kommt auch soziale Isolation dazu. 

Wir unterstützen die Familien finanziell (seit 2014 2 Mio. CHF), führen KMSK Familien-Events durch, um diese zu vernetzen (seit 2014 mehr als 7’500 Personen) und fördern den Wissenstransfer rund um das Thema «Seltene Krankheiten» bei (neu) betroffenen Eltern, Fachpersonen und in der Öffentlichkeit. Dies erreicht die Organisation mit Medienbeiträgen (2021/22 sind bislang 120 unabhängige Berichterstattungen in Kooperation mit dem Förderverein erschienen) sowie mit den fünf KMSK Wissensbüchern «Seltene Krank- heiten», die in einer Auflage von je 10’000 Exemplaren kostenlos an betroffene Familien, Kinderspitäler und Fachpersonen abgegeben werden. 

Zwischenzeitlich sind schonrund 700 betroffene Familien in unserem KMSK Familien-Netzwerk sowie 621 Mütter und Väter in der KMSK Facebook-Selbsthilfegruppe Schweiz! Wir kennen die Bedürfnisse der betroffenen Familien und setzen mit diesem Wissen effizient neue Projekte um, die einen grossen Nutzen für die Familien bieten und eine nachhaltige Wirkung erzeugen. 

Welche Bedeutung hat der „Oscar des Gesundheitswesens“, der Viktor Award, für Sie persönlich und für die Arbeit des Fördervereins? 

Dass ich mit dem Viktor Award 2021 in der Kategorie «herausragendste Persönlichkeit des Schweizerischen Gesundheitswesens» ausgezeichnet wurde, bedeutet mir sehr viel. Ich bin dankbar für die Wertschätzung, die mir mit diesem Award entgegengebracht wurde. Zugleich war es auch überwältigend zu erleben, wie viele betroffene Familien, Freunde, Gesundheitspolitikerinnen, Netzwerkpartner und Gönner – inklusive der breiten Öffentlichkeit – hinter mir und dem Förderverein und somit hinter den betroffenen Familien stehen. 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Welche Ziele wollen Sie mit dem Förderverein konkret in den nächsten Jahren erreichen? 

Wir wollen den betroffenen Familien den Lebensweg nachhaltig erleichtern und ihnen ein Sprachrohr sein. Dazu setzen wir eine digitale KMSK-Wissensplattform für Eltern und Fachpersonen um. Die Familien erhalten ab Ende Oktober 2022 relevante Informationen zu Unterstützungsleistungen, Anlaufstellen und Fachpersonen – übersichtlich, kostenfrei und unabhängig von der medizinischen Diagnose des Kindes. Unser Ziel ist es, dass die Familien die organisatorischen, administrativen, psychologischen und finanziellen Herausforderungen besser und schneller meistern können. 

Was macht bei uns den Unterschied? Wir binden unsere zwischenzeitlich 700 KMSK Familien aktiv in unsere nachhaltig wirkenden Projekte mit ein. Dies garantiert, dass die einzelnen Massnahmen eine möglichst grosse und nachhaltige Wirkung erzielen; wie die zwischenzeitlich fünf KMSK Wissensbücher «Seltene Krankheiten» und das KMSK Wissens-Forum «Seltene Krankheiten», das am 25.2.2023 im KKL Luzern zum internationalen Tag der seltenen Krankheiten bereits zum 10. Mal durchgeführt wird. Moderiert wird das Jubiläums-Wissensforum von Daniela Lager. 

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