Home » News » Wenn alles anstrengend wird
News

Wenn alles anstrengend wird

Credit: shutterstock

Wenn akute Lungenembolien nicht abheilen, spricht man von einer chronisch thromboembolischen pulmonalen Hypertonie. Prof. Dr. Silvia Ulrich klärt im Interview über Diagnostik und Behandlungsmöglichkeiten auf. 


Prof. Dr. med. Silvia Ulrich 

Stv. Klinik- direktorin, Leitende Ärztin Klinik für Pneumologie Universitäts Spital Zürich

Was versteht man unter einer chronisch thromboembolischen pulmonalen Hypertonie (CTEPH)? 

Wenn sich bei Patienten Blutgerinnsel in den Bein-, Arm- oder Bauchvenen bilden und diese Gerinnsel mit dem Blutstrom zurück in die Lunge gelangen und dort stecken bleiben, spricht man von einer akuten Lungenembolie. Das ist eine häufige Erkrankung, die vor allem bei älteren Personen mit Vorerkrankungen, aber auch bei jungen mit gewissen Risikofaktoren vorkommt. Rund 98% dieser akuten Lungenembolien können mit Blutverdünnung geheilt werden. In ca. 2% der Fälle heilt dieses Gerinnsel in den Lungengefässen jedoch nicht ab. Dadurch kommt es zu Vernarbungen und die Lungengefässe können sich bei Belastung nicht mehr dehnen, um mehr Blutfluss durch die Lunge zu generieren. Der Druck in den «steifen» Lungengefässen steigt, sodass schliesslich eine chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie entsteht. 

Welche Symptome treten bei dieser Erkrankung auf?

Das Herz muss bei zunehmender Belastung mehr Blut fördern, damit in den Lungengefässen genügend Sauerstoff aufgenommen werden kann. Sind die Lungengefässe nun narbig versteift oder gar verstopft bei nicht abheilenden Embolien, kann dadurch nicht genügend Blut durch die Lungengefässe gepumpt werden und es kommt zu Herzversagen auf der rechten Seite. Patienten verspüren dann eine anstrengungsabhängige Atemnot. Das ist gleichzeitig auch das Leitsymptom dieser Erkrankung. Selbst kleinste Anstrengungen sind dann nicht mehr möglich.
Es gibt aber auch Patienten, die gerade in Frühstadien kaum über Beschwerden klagen und auch die Lungenfunktion zeigt sich in Tests noch normal. Daher braucht man zur Diagnosestellung dringend einen Belastungstest sowie eine Rechtsherzkatheteruntersuchung und eine Bildgebung der Lungengefässe. 

Wie häufig tritt die CTEPH in der Bevölkerung auf?

Es gibt wahrscheinlich eine sehr hohe Dunkelziffer. Da die Lungenembolie eine so häufige Erkrankung ist, sind vielleicht mehr Patienten als angenommen von der CTEPH betroffen. Bei uns im Universitätsspital Zürich sehen wir heute zumindest deutlich häufigere Abklärungen als noch früher. 

Was kann passieren, wenn eine CTEPH nicht diagnostiziert oder behandelt wird?

Wenn die Erkrankung fortschreitet, können sich die Patienten im schlimmsten Fall gar nicht mehr belasten und sind nahezu bettlägerig. Es braucht daher so schnell wie möglich eine Behandlung – auch, um das Herz zu entlasten. Die wichtigste Behandlung ist die Blutverdünnung, sodass sich keine neuen Gerinnsel bilden. Die CTEPH kann hiermit zwar nicht geheilt, aber immerhin stabilisiert und mit unten genannten Therapien auch deutlich verbessert werden. 

Welche interventionellen und nicht interventionellen Behand- lungsoptionen können heute angewandt werden? 

Den Verlauf der Blutgefässe vom rechten Herzen zur Lunge kann man sich wie einen Baum vorstellen – von zuerst breiten, dicken Arterien wie ein Stamm bis hin zu den kleinsten Ästen, den Lungen- kapillaren. Die Behandlung hängt davon ab, wo auf diesem Weg Vernarbungen auftreten. Sind die Veränderungen nahe am Herzen, ist die beste Möglichkeit eine Operation, um die Narben auszuschälen. Durch diese OP besteht eine sehr hohe Chance, dass sich die Erkrankung stark verbessert; oft sind die Patienten nachher sogar beschwerdefrei. Betrifft die CTEPH die mittleren Lungengefässe, kann eine Ballonangioplastie durchgeführt werden, um die Gefässe wieder zu öffnen. Sind kleine Gefässe betroffen, gibt es medikamentöse Therapien. Es kann auch sein, dass Patienten mehrere dieser Behandlungsoptionen als multimodale Therapie benötigen; und meist gelingt es damit, die Belastbarkeit und Lebensqualität der Betroffenen erheblich zu verbessern. Es ist daher wichtig, dass CTEPH-Patienten in Zentren mit grosser Erfahrung behandelt werden, denn für die Therapieentscheidung braucht es Experten. 

Next article
Home » News » Wenn alles anstrengend wird
News

Muskelschwäche und verzögerte Entwicklung beim Säugling oder Kleinkind? Es könnte sich die seltene Erberkrankung AADC-Mangel dahinter verbergen!

Immer wieder kommen Eltern mit ihrem Säugling oder Kleinkind zur/zum Kinderärztin/Kinderarzt und schildern einige der folgenden Symptome ihres Kindes: schlaffe Muskeln, isst oder trinkt nicht richtig, schreit ständig, verdreht immer wieder die Augen, schwitzt sehr stark, krampft, die Nase ist verstopft. Kinderärzt:innen werden diese Symptome eventuell als Hinweis auf Epilepsie oder Cerebralparese deuten.

AADC-Mangel – eine Erbkrankheit, die sich meist schon sehr früh bemerkbar macht
In einigen wenigen Fällen kann es sich jedoch um AADC (Aromatische L-Aminosäure-Decarboxylase)-Mangel handeln. AADC-Mangel ist eine sehr seltene genetische Erkrankung, die sich auf das Gehirn auswirkt und die Kommunikation der Nervenzellen beeinträchtigt. Eine Veränderung eines Gens führt dazu, dass wichtige Signale im Nervensystem nicht mehr transportiert werden, weil der Körper die entscheidenden Botenstoffe nicht oder nur in zu geringen Mengen produziert. Die Erkrankung verläuft bei den betroffenen Kindern sehr unterschiedlich. Die ersten Anzeichen treten zumeist bereits im Säuglingsalter auf. Die Symptome können einzeln auftreten und müssen nicht alle zusammen vorliegen. 

Symptome können auf die falsche Spur führen – unkomplizierte Blutuntersuchung hilfreich
Ein Beispiel für Symptome, die auf die falsche Spur führen können, sind die auffälligen unwillkürlichen Augenbewegungen (okulogyre Krisen), deren Auftreten an Krampfanfälle wie etwa bei der Epilepsie erinnern. Eine frühzeitige Diagnose kann dabei helfen, die Behandlung und Versorgung der kleinen Patienten mit AADC-Mangel zu verbessern. Eltern und Kinderärzt:in sollten hellhörig werden, wenn ein Säugling oder Kleinkind die hier angeführten Symptome aufweist und das Kind zudem die Meilensteine der Entwicklung nicht erreicht. In diesem Fall sollten der Kinderärzt:innen Neuropädiater:innen zu Rate ziehen und eine weiterführende Untersuchung auf AADC-Mangel anordnen, die mit einer einfachen Blutabnahme verbunden ist (3-OMD-Test). 

Gentherapie bei AADC Mangel seit 2022 in der EU und Großbritannien zugelassen
Seit 2022 steht eine Gentherapie für AADC Mangel in der EU und in Großbritannien zur Verfügung. Dafür ist es aber essenziell, dass die sehr seltene Erkrankung möglichst frühzeitig erkannt wird.

Um mit kausalen Therapien sowie die Lebensqualität steigernden und die Lebenserwartung verlängernden Therapien beginnen zu können, braucht es eine korrekte Diagnose, die in der Regel darauf spezialisierte Zentren stellen können. In der Schweiz können sich Familien an das Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB), an das Universitätsspital Zürich sowie an die Kinderklinik am Inselspital (Universitätsspital Bern) wenden, um so möglichst früh das Leben für Kinder mit AADC Mangel zu verbessern.

Next article